Burgund

(laut Der Große Brockhaus, 16. Auflage, Bd. 2, 1953)

 

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Burgund, französisch La Bourgogne, historische Landschaft Frankreichs, benannt nach dem Volk der Burgunder.  Sein Kerngebiet ist die Saone-Senke, überragt von der Cote d’Or und den Bergen des Charolais.  Von hier reicht Hochburgund auf den Jura im 0sten und das Zentralplateau bis zum Morvan im Westen, Niederburgund nordwärts in die Kalklandschaften des Pariser Beckens (Tonnerre, Chablis, Auxerre).  Hauptstadt ist Dijon.  Burgund ist ein bedeutendes Durchgangsland zwischen dem Rhein-, Seine-, Loire und Rhône-Gebiet mit wichtigen Kanälen, Bahnen und Straßen.  Es ist ein berühmtes Weinbaugebiet mit den Mittelpunkten Dijon, Beaune, Mâcon.

Geschichte

1)  Der ostgermanische Volksstamm der Burgunder, 443 von Aetius in der Landschaft Sapaudia (Savoyen) um Genf angesiedelt (seit 461 Königssitz Lyon), gründete im Rhônegebiet ein Reich, in dem Germanen und Romanen gleichberechtigt nebeneinander standen.König Gundobad ließ das burgundische Recht aufzeichnen (® Germanische Volksrechte).Aber bereits 534 wurden die Burgunder von den Franken besiegt und Burgund dem Fränkischen Reich eingegliedert; als Teilreich der Merowinger erhielt es mehrfach eine gewisse Selbständigkeit.

2)  Beim Zerfall des Frankenreichs bildeten sich von neuem zwei unabhängige burgundische Königreiche.  Graf Boso wurde 879 König von Nieder-Burgund (Zisjuranisches Burgund, Arelat), Markgraf Rudolf 888 König von Hoch-Burgund (Transjuranisches Burgund).  Rudolf II. (912-937) vereinigte um 934 beide Staaten zum Königreich Burgund oder Arelat, dessen Herrscher den deutschen Königen wiederholt den Lehenseid leisteten.  Der kinderlose Rudolf lIl. (993 bis 1032) sagte seinem Schwestersohn, Kaiser Heinrich II., die Nachfolge zu; Kaiser Konrad II. übernahm die Ansprüche seines Vorgängers im Namen des Deutschen Reichs, behauptete sie im Kampf gegen die Großen des Landes und die näheren Verwandten Rudolfs, Herzog Ernst von Schwaben und Graf Odo II. von Champagne, und nahm nach Rudolfs Tod 1032 Burgund in Besitz.  Anfangs blieb der Zusammenhang zwischen Burgund und dem Reich sehr locker; erst die Staufer suchten die Verbindung fester zu knüpfen.  Nach ihrem Ausgang begann die Abbröcklung an Frankreich; am Ende des Mittelalters war das alte Königreich Burgund, außer Savoyen, der Freigrafschaft Burgund, Mömpelgard und der Westschweiz französisch.

3)  Unabhängig von den beiden burgundischen Königreichen hatte Graf Richard von Autun ( 921), ein Bruder Bosos, nordwestlich von Hochburgund das französische Herzogtum Burgund gegründet, das allein den Namen Bourgogne behielt.  Richards Sohn Rudolf wurde 923 König von Frankreich; 1032 fiel das Herzogtum (Hauptstadt Dijon) an eine Nebenlinie der Kapetinger.  Als diese 1361 erlosch, gab König Johann II. aus dem Hause Valois 1363 das Herzogtum seinem jüngsten Sohn Philipp dem Kühnen, dessen neues Haus der burgundischen Herzöge die Glanzzeit Burgunds heraufführte.  Philipp erwarb durch seine 1363 mit der flandrischen Erbtochter Margareta Malana geschlossene Heirat 1384 Flandern, den Artois und die (zum Reich gehörige) burgundische Freigrafschaft, durch Kauf 1390 die Grafschaft Charolais.  Während der Geisteskrankheit seines Neffen, des Königs Karl VI., war er der einflussreichste Mann in Frankreich, geriet aber in schärfsten Gegensatz zu dem Bruder Karls, Herzog Ludwig von Orléans. 
Ihm folgte 1404 sein Sohn Johann der Unerschrockene; er ließ Herzog Ludwig 1407 ermorden, wurde jedoch 1419 bei einer Zusammenkunft mit dem Dauphin (Karl VII.) auf der Yonnebrücke zu Montereau selbst getötet.  Sein Sohn und Nachfolger Philipp der Gute verbündete sich darauf mit den Engländern, eroberte die Grafschaft Boulogne und erwarb große Teile der deutschen Niederlande (1428 Namur durch Kauf, 1430 Brabant und Limburg durch Erbschaft, 1433 Hennegau, Holland und Seeland durch Gewalt); im Frieden mit Frankreich zu Arras 1435 erhielt er die Gebiete von Mâcon, Auxerre und einen Teil der Picardie mit den Sommestädten.  Zu diesen Erwerbungen kam 1443 auch noch das deutsche Herzogtum Luxemburg.  1430 stiftete Philipp den Orden des Goldenen Vlieses.  Ihm folgte 1467 sein Sohn Karl der Kühne, einer der mächtigsten und glänzendsten Fürsten Europas; er fiel 1477 bei Nancy gegen Herzog René v. Lothringen, dessen Land er zur Verbindung seiner nördlichen und südlichen Besitzungen erobert hatte. 
Die beiden schweren Niederlagen gegen die Eidgenossen bei Grandson und Murten (1476) hatten seine Kraft gebrochen.  Maximilian I. von Österreich heiratete die Erbtochter Karls des Kühnen, Maria.  Der Kampf um die burgundische Erbschaft durchzog die folgenden Jahrzehnte und verursachte die tiefe Verfeindung Habsburgs mit der Krone Frankreichs.  Maximilians und Marias Sohn Philipp der Schöne trat 1494 die selbständige Regierung an; 1506 folgte ihm sein Sohn, der spätere Kaiser Karl V., für den bis 1515 sein Großvater Maximilian in Burgund die Regentschaft führte.  Das Haus Habsburg behauptete das burgundische Erbe bis auf die Bourgogne, die Picardie und Boulogne, die an Frankreich fielen.  Umgekehrt musste dieses im Frieden von Madrid (1526) auf die Lehnshoheit über Flandern und Artois verzichten (
® Burgundischer Kreis).